Wie sehr die Fachgespräche und Jurybewertungen im Rahmen der JETS Initiative ein Filmprojekt vorantreiben können, zeigt das Beispiel von Regisseurin Claire Byrne und Produzentin Jo Halpin aus Irland, die mit dem Psychothriller „Duck Duck Gosse“ angetreten waren: Ihnen ging es wie Sheriff Brody in Steven Spielbergs Klassiker „Der weiße Hai“, der voller Staunen erkennt: „Wir werden ein größeres Boot brauchen!“ Die JETS-Gespräche seien „extrem hilfreich“ und „unterstützend“ gewesen. „Doch irgendwann haben wir uns beide angeschaut und gesagt: Wir brauchen ein größeres Budget!“, erzählt Produzentin Jo Halpin. „Duck Duck Goose“ ist als minimalistisches Kammerspiel angelegt, in dem das romantische Wochenende von Greg und Holly von Gregs Ex-Freundin unterbrochen wird. Der Kurzurlaub zu dritt entwickelt sich zum Horror-Trip voller „Mind Games“ und psychologischer Kriegsführung. „Wir wollten von Anfang an eine europäische Ko-Produktion auf die Beine stellen und haben im Laufe der JETS-Talks gemerkt, dass wir mit unserem 1 Millionen Euro-Budget nicht auskommen, wenn es ein qualitätsvoller Kinofilm werden soll“, erklärt Produzentin Halpin. In Folge dieser Erkenntnis wolle man jetzt auch gezielt auf die nationale Filmförderanstalt Irlands „Screen Ireland“ zugehen. Regisseurin Claire Byrne setzt vor allem auf eine starke Besetzung: „Wir brauchen gute Schauspielerinnen und Schauspieler, damit unser Projekt seine volle Wirkung entfaltet.“ Die JETS-Talks haben ihr Hoffnung gemacht, „denn praktisch alle waren begeistert und wollten unsere Ideen unbedingt auf der großen Leinwand sehen.“ Die Auszeichnung mit einem der JETS Awards sei ein „Booster“ für das Projekt.
Auch für Regisseurin und Drehbuchautorin Roisin Agnew aus Irland waren die Begegnungen bei JETS ein „Eye-Opener“. In ihrem Thriller „Hit Where It Hurts“ geht es um Lucia, eine Vogelbeobachterin und Dozentin, die besessen von der Klima-Apokalypse ist und deshalb beschließt, einen Regierungsminister zu terrorisieren. Aber dabei geht etwas schief, und sie ist gezwungen, Zuflucht bei einer Kommune am Rande der Gesellschaft zu suchen. „Was mich beim Pitchen am meisten erstaunt hat, war dass die Leute an einem bestimmten Punkt aus dem Plot aussteigen und sich weniger für den Fortgang der Geschichte interessieren als für das Setting, die Stimmung deines Films“, erzählt Agnew. „Das werden wir in Zukunft berücksichtigen, wenn wir uns um die Weiterentwicklung kümmern.“ Regisseurin Agnew präsentierte „Hit where it hurts“ gemeinsam mit Produzentin Roisin Geraghty. Niemals hätten die beiden damit gerechnet, bei JETS einen Preis abzuräumen, denn sie hatten – so Roisin Agnew – ein „Lo-Fi-Pitching“ vorbereitet, das „nur“ Talking Heads zeigte. „Aber es kommt beim Pitching eben nicht nur auf besonders beeindruckende Effekte oder mitreißende Trailer an“, sagt Roisin Agnew. „Genauso wichtig sind die Persönlichkeiten, die hinter einem Projekt stehen und ihre Leidenschaft dafür.“
Einen knalligen Pitching-Trailer voller Action und Dramatik präsentierten hingegen Regisseur-Drehbuchautor Brad Katzen und Produzent Tumisho Masha, als sie ihren Martial Arts-Thriller „King Dog“ im Rahmen der JETS Talks vorstellten. Angesiedelt in der brutalen Welt illegaler Straßenkämpfe in Südafrika muss sich ein versehrter Kämpfer aus schuldhafter Abhängigkeit von einem rücksichtslosen Fighter herauswinden – nur weil er in einem Moment der Schwäche einer Frau zur Seite gestanden hat… Jean Claude van Damme-Klassiker wie „Bloodsport“ und „Karate Tiger“ stehen Pate für dieses ungewohnte Action-Paket, das in jeder einzelnen Kampfszene einen anderen traditionellen afrikanischen Kampfsport vorführen soll. „Die Auszeichnung bei JETS hat uns gezeigt, dass King Dog internationales Potential hat – und das ist genau das, was wir uns erhofft haben“, erzählt Brad Katzen. „Martials Arts auf afrikanisch, vorangepeitscht durch einen pulsierenden Hip Hop-Soundtrack – das kam bei nahezu allen Teilnehmern und Jurymitgliedern extrem gut an“, freut sich Katzen. „Alle haben gemerkt, dass wir wirklich eine Vision haben, an die wir fest glauben.“ Was er sich nach JETS für sein schon seit Kindheitstagen erträumtes Filmprojekt wünsche? „Geld für die Produktion zu bekommen!“, antwortet Bradely Katzen wie aus der Pistole geschossen.
Für Regisseurin und Drehbuchautorin Veronica McKenzie aus Großbritannien haben die JETS Talks und die Auszeichnung für ihr Projekt „Proper Charlie“ einen „enormen Schub“ gegeben: „Durch den Austausch mit internationalen Experten wurde uns bestätigt, dass unsere Geschichte weltweit verkauft werden kann und Werte transportiert, die universell verstanden werden“, erzählt McKenzie, die „Proper Charlie“ gemeinsam mit den Produzentinnen Natalie Yesufu-Edwards (Großbritannien) und Yolanda Torres (Spanien) gepitcht hat. Das Feel Good-Adventure erzählt von der Abenteuerreise des Rentners Charlie, den es im Ruhestand zu seinen Wurzeln in der Karibik zurückzieht. Also begibt er sich auf eine lange Bootstour in den Süden, doch dabei bemerkt er nicht nur, dass sich seine Enkelin Denny heimlich an Bord geschmuggelt hat – sondern auch dass Heimatgefühle nicht unbednigt an einen Ort gebunden sind. Der Plot basiert auf der wahren Geschichte ihres Stiefvaters, berichtet Veroncia McKenzie. „Und deshalb liegt es mir besonders am Herzen, seine Erfahrung auf die große Leinwand zu bringen.“ Das Produktionskonzept stehe, ein Großteil der Filmhandlung spiele auf einem Boot. „Deshalb werden wir viel mit Green Screen-Technik arbeiten, aber auch Originalschauplätze miteinbeziehen“, sagt McKenzie. „Nach JETS hoffen wir jetzt, im kommenden Jahr mit der Produktion beginnen zu können.“
Auch die beiden deutschen Gewinner der diesjährigen JETS-Initiative gehen gestärkt aus den Pitchings und Talks hervor: „Pitching-Events führen immer zu Networking, und es ist großartig, sich mit Gleichgesinnten auszutauschen“, zeigt sich Regisseurin und Produzentin Juliane Block aus Hannover begeistert. Gemeinsam mit Drehbuchautor Wolf-Peter Arand hat sie das Christmas Adventure Movie „Lyra’s Wish“ präsentiert. „JETS hat uns diesmal besonders im Hinblick auf die Evaluierung von länderübergreifenden Produktionen geholfen. Wir haben mehrere Ideen, wo wir nun nach weiteren europäischen Co-Produktionspartnern suchen können!“ In „Lyra’s Wish“ begibt sich die 11-jährige Lyra nach einem Familienstreit in eine mystische Weihnachts-Traumwelt, wo sie zahlreichen seltsamen Kreaturen begegnet, unter anderen dem Dämon Krampus, dem Gnom Tomte und der kinderfressende Riesin Gryla. Ihre abenteuerliche Reise verändert Lyras Vorstellung vom Geist der Weihnacht für immer. „Wir wollten das Genre des Weihnachtsfilms mal ganz anders angehen und weniger die altbekannten US-amerikanischen Mythen verwenden, sondern universelle Weihnachtssagen zum Zuge kommen lassen“, berichtet Drehbuchautor und Co-Regisseur Wolf-Peter Arand. „Mit JETS haben sich verschiedene Möglichkeiten ergeben, das Projekt voranzubringen.“ So wurde der Plot nach den JETS Gesprächen kurzerhand noch einmal umgeschrieben und verfeinert. Juliane Block: „Wir wünschen uns, dass wir den Dreh von Lyra’s Wish als europäische Co-Produktion spätestens in 2023 starten können.“
Auch für die schwarze Komödie „The Deadline“, die als deutsch-britische Koproduktion unter Beteiligung von Sternenberg Films mit Sitz in Wiesbaden mit einem der begehrten JETS Awards ausgezeichnet wurde, bedeutet der Preis einen weiteren Entwicklungsschritt in Richtung Produktion: „Wir haben eine Menge über internationale Finanzierung und Koproduktion gelernt. Darüber, was realistisch und was nicht realistisch ist. Über Budgetspannen, Finanzierung und Pre-Sales“, erzählt Produzent Konstantin Korenchuk, der „The Deadline“ gemeinsam mit Drehbuchautor und Regisseur Mark Waters sowie mit Co-Produzent Simon Pilarski präsentiert hat. „Nun hoffen wir auf Gespräche über weitere Schritte und über Details einer internationalen Koproduktion.“ In der makabren Science Fiction-Komödie „The Deadline“ landet die Hauptfigur Larry Spitzfart in einer Art Business-Prison-Camp, das eine Parodie auf die Auswüchse des Kapitalismus darstellt: Wer hier nicht einen erfolgversprechenden Geschäftsplan entwickelt, der mindestens 100.000 Dollar Gewinn abwirft, muss sterben! „Der entscheidende Vorteil der JETS Initiative für uns war, dass sich die Teilnehmer und Gespräche ausnahmslos auf einem sehr hohen Niveau bewegt haben“, sagt Produzent Konstantin Korenchuk. „Das spornt an und macht Mut. Vielen Dank, JETS!“
Florian Vollmers, Freier Journalist